Veranstaltung: | Mitgliederversammlung der Grünen Jugend Halle (Saale) am 08./09.07.2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge (auf TOP 7 am Samstag verschoben) |
Antragsteller*in: | Tobias Brendel (KV Halle) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.07.2023, 17:58 |
A4: Demokratie stärken – Rechtsextremismus stoppen
Antragstext
Antragstext
Die Ortsgruppe Halle (Saale) der Grünen Jugend beschließt,
- sich verstärkt mit rechtsextremen Strukturen in Halle (Saale), dem Land
Sachsen-Anhalt und den neuen Bundesländern allgemein zu beschäftigen. Dazu
gehört deren Erstarken, ihre Arbeitsweisen Sie wird Themenabende,
Workshops und Events organisieren, um über Rechtsextremismus aufzuklären
und diesen wo immer möglich demokratisch zu bekämpfen.
- zukünftig noch stärker die Gefahren von jeder Form von
Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Faschismus zu benennen und zu
bekämpfen. Sie wird eine klare Kante gegen diese Bestrebungen zeigen und
einfordern. So leistet die Ortsgruppe einen Beitrag, diese Gefahr für
unsere freiheitliche Demokratie zu bekämpfen.
- Politische Bildung, insbesondere in unserer Altersgruppe, durch inklusive
und basisdemokratische Arbeit zu betreiben. Sie bemüht sich künftig
besonders darum, durch das Absenken bestehender Hürden auf die breite,
wirksame Beteiligung unserer Mitmenschen hinzuwirken. Dazu erarbeitet die
Ortsgruppe eine Beteiligungstrategie, die unter anderem auf die Gewinnung
und Einbindung von Neumitgliedern zielt.
- die demokratische Kultur in Deutschland zu stärken, indem sie sich mit
deren Funktionsweise beschäftigt, Beteiligungsmöglichkeiten untersucht und
über Verbesserungen im demokratischen Prozess diskutiert.
Begründung
Der Rechtsextremismus ist in Deutschland nicht nur auf dem Vormarsch. Er ist in der Mitte der Gesellschaft und in offiziellen Ämtern angekommen. Am 25. Juni hat mit Robert Sesselmann das erste Mal ein AfD-Kandidat die Wahl zum Landrat gewonnen. Kurz darauf wurde am 03. Juli in Raguhn-Jeßnitz, nur etwa 35 Kilometer von Halle entfernt, der erste hauptamtliche AfD-Bürgermeister gewählt.
Diese Entwicklungen müssen alle Demokrat*innen aufrütteln. Schnell kam der Vorwurf des braunen Ostens als Problemregion auf. Leider ist das angesichts von AfD-Umfrageergebnissen von fast 30% auf Landesebene nicht vollkommen von der Hand zu weisen. Eine aktuelle Studie des Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Instituts zeigt, dass rechtsextremes Denken in Ostdeutschland teilweise starken Rückhalt in der Mitte der Gesellschaft hat. Laut der Studie ist ein Viertel der Ostdeutschen geschlossen ausländerfeindlich. Sie kommt zum Ergebnis, dass der Erfolg der AfD nicht auf Protest, sondern überwiegend auf Übereinstimmung mit den Inhalten basiert.
Noch viel erschreckender ist, dass fast 9% die Diktatur für die bessere Staatsform halten, 14 % wünschen sich einen Führer für Deutschland. Nur 34% der Befragten in Sachsen-Anhalt sind damit zufrieden, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert. Das sind Zahlen, die wir als inklusive, feministische und basisdemokratische Organisation nicht so stehen lassen können.
Damit wir etwas gegen die erstarkenden Rechtsextremen tun können, müssen wir uns mit ihnen beschäftigen. Wir haben schon viele Aktionen gegen Rechtsextremismus unterstützt und organisiert. Allerdings werden Neumitglieder oder Fachfremde von diesen noch mehr profitieren, wenn sie die Hintergründe und Umstände verstehen. Nr. 1 und Nr. 2 des Antrages sollen dazu führen, dass die Ortsgruppe vermehrt Fachwissen aufbaut. Das ist wichtig für konkrete, wirksame politische Arbeit. Wir können nicht stoppen, was wir nicht verstehen.
Die Studie hat aber auch gezeigt, dass nicht nur menschenfeindliche Überzeugungen einen Grund für den Erfolg der AfD darstellen. Demokratiekritische oder -feindliche Haltungen stellen ebenfalls eine Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie dar. Zwischen 70 und 80% der Befragten haben das Gefühl, sowieso keinen Einfluss darauf zu haben, was die Regierung tut. Um diesem Gefühl entgegenzutreten, müssen wir die Funktionsweise der Demokratie in Deutschland verstehen. Soweit Menschen tatsächlich keine Möglichkeiten der Beteiligung haben, sollten wir auf eine Veränderung hinarbeiten. Wo aber bestehende Beteiligungsmöglichkeiten nicht bekannt sind, können wir aufklären.
Als starke Stimme für Demokratie, Rechtsstaat und Menschlichkeit können wir in der Stadtgesellschaft, im Freundes- und Bekanntenkreis und in der Familie Haltungen hinterfragen und extreme Tendenzen bekämpfen. Die Nr. 3 und Nr. 4 des Antrages sollen ermöglichen, dass wir mit vielen politisch aktiven Mitgliedern und großem Fachwissen zu dieser starken Stimme werden.
Zur Dringlichkeit:
Über die Wahlen und das Studienergebnis wurde erst in den letzten Tagen berichtet. Der mediale Fokus auf den Rechtsextremismus in Ostdeutschland und die autoritäre Haltung von Teilen der ostdeutschen Bevölkerung traten daher erst nach der Frist für Anträge zutage